PERFORMANCE ART NETZWERK SCHWEIZ
Arbeitspapier I + II, zusammengefasst, einige ausgesuchte Ideen

In den letzten Jahren und in einer stetigen Beharrlichkeit hat sich eine Performance Art Szene in der Schweiz gebildet, die neben England wohl führend in Europa (Anzahl an PerformerInnen und ihre Qualität) ist und im weltweiten Vergleich eine starke Stimme besitzt. Dass es diese “Schweizer Szene” gibt, hat unter anderem mit Schulen wie der F+F - Schule für Neue Medien, Zürich und der Schauspielschule, Bern zu tun, ist desweiteren an Personen geknüpft, (um nur eine kleine Auswahl zu nennen, wohl bewusst, dass jede Auswahl eine Art Ungerechtigkeit ist) wie Norbert Klassen, Ruedi Schill, Vänci Stirnemann, J.G. Lischka, V.Maly + K.Schilliger, H. Bohmert und Roman Signer und ist an Organisationen gebunden wie z.Bsp. das Belluard Festival in Fribourg, STOP.P.T in Bern, Pow-Wow in Zürich, dem Seedam-Kulturzentrum in Pfäffikon, APROPOS in Luzern und dem Performance Index in Basel. Ohne diese Aufbauarbeit könnte man nicht von der Szene Schweiz in der Performance - Art sprechen.

Während sich in den anderen Ländern Europas, Nordamerikas und Asiens bereits Performance Art Netzwerke gebildet haben, hat die Schweiz, trotz einiger Ansätze und trotz der Vernetzung einiger Künstler im Internationalen Rahmen, diesen Schritt noch vor sich.

1999 wird die Schwarze Lade von ASA-European in die Schweiz transferiert und damit erhält die Schweiz eines der wenigen, wirklichen Performance Art Archive in Europa, die primär an der Performance Art, Life Art, und verwandten Strömungen ausgerichtet ist. Das Kulturzentrum Pfäffikon könnte damit auch gleichzeitig ein kontinuierlicher Knoten in dem Internationalen Netzwerk der Performance Art werden. Dieses Ereignis, sowie die Anbindung einiger Schweizer Künstler in die Entwicklung der Permanenten-Performance-Konferenz ist der Anlass einen Rahmen zu entwerfen, der die Schweizer Performance Künstler und Künstlerinnen und einige der Organisatoren zu der Bildung des Schweizer Performance Art Netzwerks zu ermutigen und damit eine langfristige Auseinandersetzung mit der Performance-Kunst in der Schweiz.

Ich lasse es nicht zu, daß ihr mich allein lasst - Lidl-Akademie 1967/1968

Einige Gedanken zu dem Performance Art Netzwerk Schweiz - in Verlaufsform

Daß man nicht allein ist und daß das, was die Individualität eines Selbst ausmacht von den unzähligen Beziehungen zu “anderen” abhängt ist eine Bedingung, aus der kein Mensch sich stehlen kann. Nexus, das rechtliche Band, bedingt die Bindungen. Wir schlagen unseren Faden in das Netz der Bindungen

Sich als ein Knoten eines Netzwerkes zu sehen oder gar zu installieren ist kein künstlerisches Vorhaben (eine bestimmte kulturelle Setzung) und kann nicht gedacht werden als ein Projekt, daß man an einem bestimmten Punkt (z.B. März 1999) beginnt. Im Netzwerk sein ist ein Bewußtsein über seine Position in einer Gesellschaft und wie ich in dieser mit all meinen Fähigkeiten, Vermögen, Interessen und Begehren eingebunden sein möchte, nicht wie ich eingebunden wurde oder werde. So gesehen kann man Knoten eines Netzwerkes in dem Moment sein, wenn ich mir über diese Fakten im Klaren bin. Naturgemäß sind Galerienwesen, das Museumswesen und alle anderen kulturellen Institutionen ihrem Wesen nach auch netzwerkartige Bindungen, ihren Intentionen nach aber streng hierarchisch geordnete Verläufe, meistens sogar pyramidisch ausgerichtet.

Welchen Sinn hat es, in einem Performance Art Netzwerk zu sein.

Primär ist es eine Qualitätsfrage der Performance Art gegenüber der Priorität des Ichs. Netzwerke sind kulturelle Strukturen. Die Liquidität der Beziehungen, die Durchlässigkeit von Informationen, das Unbedingte und Befreite von persönlichen Interessen (z.B. Karrieresteigerung durch gezieltes Verschweigen, Nichtbelastung der Performance Art mit biographischen Anhäufungen,etc.). Man kann keinen direkten Tausch eingehen, nur der Input zählt, der Reichtum dieses Tausches ist ein Zeitverschobener, das Paradoxe an Netzwerken ist, daß sie augenscheinlich nur ein Geben ist, wenn die Vernetzung klappt, gibt es Rückkopplung von Knoten her, die man erstmal garnicht eingesehen hat. Netzverhalten, die Dinge, die Knoten, Personen, Institutionen dürfen nicht reziprok sein. Die Stimme ist monologisch erhoben. Urteilskraft: man kann sie nicht erringen, man kann sie nicht verlieren, sie ist mangelhaft da. Netzwerke denken heißt, die Zusammenhänge der Ratio sinnvoll zu entwickeln und einzusetzen. Netze bilden emergierende Eigenschaften, das heißt, Eigenschaften die jeder einzelne Knoten nicht hat. Die Synernergie als die einzig echte Interaktion.

Präfiguration als Symbol Protosemantik ist performatives Fellkraulen als gesellschaftliches Element. Wenn Dunbar behauptet, daß die Größe des Neocortex mit der Größe einer Gruppe z.B. Primaten korrespondiert, dann müßte die Größe des Neokortex im Verhältnis des Netzwerks welche Größe haben, Ballon ?

Da jeder Knoten eine dezentrale, selbstorganisierte Dynamik besitzt, ist das Netz in sich ziellos, mit konkreten Erweiterungen der wertedefinierenden und erzeugenden Knoten (Schichten). Als Handlungsmodi sind die Knoten antagonistisch. Von Interesse ist das kooperieren aller Systeme wenn sie ein Netzwerk darstellen, ein anderer Blick auf das antagonistische, als Symbol und Verhalten. Der Idealtyp im aristotelischen Sinne installiert ist das Analogon im Verhalten, in den Netzen. (Projekt Current Affairs)
Um mit Martin Buber zu sprechen : Nicht die Orte und die Menschen sind in der Vernetzung, sondern die Vernetzung liegt in den Orten und Menschen. (Und in den Kontexten , in den Materialien, Elementen und Formen etc.)

Auf die Künste bezogen heißt dies - Phänomene von Raum, Zeit, Materie und Kontext entwickeln Verhalten und Handlungen um sich zu realisieren - werden und sind Erscheinung. Aus realer Sicht existiert weiter hin die Differenz zwischen Ereignis und Benennung dieses Ereignisses.

Als „ VERNETZUNG „ würde ich dann auch nur die Erscheinungen benennen, die sich als Form und Ereignis folgende Qualitäten aufweisen: Eine gewollte und ausgesuchte Begegnung durch ein Gegenüber gründen . In der Begegnung sein; Ortlosigkeit durch Analogie; Gleichzeitigkeit verschiedenster, sich ausschließender Realitäten zu integrierten Wirklichkeiten; Ereignisse und Materie nicht zur Selbstproduktion mißbrauchen; Einführung des Konjunktiv;

Der Organismus „ VERNETZUNG „ teilt sich in viele Leiber, Körper und Felder,
(Sie sind keine singulären Veranstaltungen, sondern sie gleichen einem imaginären Orchester mit verschiedenen Stücken bzw. Ereignissen, die alle im Monat März an unterschiedlichen Orten in der Schweiz stattfinden. Berard-Josipovic)

Strategien: Das zur Disposition stellen gruppenorientierter und gruppendynamischer Prozesse, Das Auflösen von linearen kommunikativen Mustern im Handeln und Verhalten zu Parallelitäten. Das freiverfügbar machen aller Informationen Die Bindungen und Rahmenbedingungen fluid behandeln, Haken schlagen, agieren ohne Seil und doppelten Boden

Der Rahmen des Netzwerks zeigt sich a) als das Gastgeberprinzip b) Definition einer parallelen und kontinuierlichen Öffentlichkeit c) mit der Einrichtung eines Koordinationsbüros, Internet (?) d) Kontinuierliche Definition seiner Aktivitäten als Knoten des Netzwerks, quantitativer Anteil an jeder Einladungskarte, Werbung, etc. e) Schwingen zwischen Lokalität und Internationalität (immer klar an der Interferenz entlang, ohne in sie zu verfallen ) f) Transfer jeder Information über Performance Art, ständiges Input ermöglichen. g) ökonomische Militanz bei gleichzeitiger Verteilung der Kosten auf mehrere Knoten, Qualitätsdefinition

Folgend ein Ausschnitt aus dem Text N E T Z W E R K E und ihre Strukturen

Zusammenarbeit ist ein Zeichen. Das Zeichen von Unwissenheit, von Unsicherheit oder von zeitgebundener Schwäche. Die interaktiven Modelle in Wissenschaft, Technik und Kultur sind Bilder einer bestimmten Krise des Denkens, der Krise der Selbstproduktion und persönlicher Reproduktion. Der kreative Mensch fällt zusammen mit der Einrichtung gesellschaftlicher Beziehungen und in die Aneignung unwesentlicher Faktoren, Faktoren des Scheins. Da die Produktion von Kunst, auch die Produktion von Unmengen von Müll ist, ist dies ein weiters Indiz dieser Krise der Reproduktion, wobei die größte Müllhalde der selbstproduktive Mensch, das reproduktive Ich ist. Ein Netzwerk ist auch als Fläche nicht statisch. Statisches Verhalten generiert Begegnung zur Beziehung, zu Beziehungsgeflechten, zu Verstrickungen. Das Netzwerk, das hier zu beschreiben ist, hat drei Arten von Netzwerke und vier unterschiedene Ebenen. (Dies sind Hilfskonstruktion, die die Bedeutungsebenen menschlicher Begegnungen bezeichnen, sie werden materiell, anagogisch, tropologisch und allegorisch genannt. (Schriftsinne)

D A S  E R S T E  N E T Z W E R K

Das 1. Netzwerk ist physisch, ist ein geschloßenes System und funktioniert streng eindimensional, in die Richtung der Existenzsicherung.

1. Die Personalität des Mitglieds, Knoten ( der materielle Bedeutungssinn)
2. Die Organisation des Mitglieds, Knoten (der tropologischer Sinn, welcher Einfluß soll ausgeführt werden)
3. Die Stellung der Organisation in der Gesellschaft (der anagogische Sinn, das Wohin )
4. Der institutionalisierte Raum, die eingerichtete Zeit ( der allegorische Sinn, welchem Sinn bin ich unterworfen)

zu 1 Beruf, wirtschaftliche Situation, familiärer Bereich, weltanschauliche Stimmigkeit zur Gruppe und Ähnlichkeit oder Unähnlichkeit zu den Anderen.
zu 2 Institutionalisierte Sicherheit und Selbstorganisation als Institution. Praktizierte Verhältnismäßigkeit.
zu 3 Berechenbare Wirkung und Rückwirkung in der Gesellschaft, die Teilnahme.
zu 4 Der physische Raum als Einrichtung, die physische Zeit als eingerichtete Macht.

D A S  Z W E I T E  N E T Z W E R K

Das 2. Netzwerk ist geistig, steht in differenzierten Verbindungen, das Netzwerk der Intention. Es schließt das oben genannte, erste Netzwerk ein, aber umgekehrt das erste Netzwerk das zweite nicht.

5. Bilder und Vorstellungen in der Persönlichkeit des Mitglieds
6. Bilder und Vorstellungen zwischen den Mitgliedern und als Organisation.
7. Die Organisation als Gesellschaft, die Intention als Gesellschaft.
8. Die Vorstellung in Raum und Zeit.

zu 5 Dynamisches Fortschreiten in den philosophischen Begriffen, im Wissen, in der Persönlichkeitsentwicklung (ohne physischem Druck der Existenzsicherung), Wahrnehmung und Selbstwahrnehmung, die Aufmerksamkeit.
zu 6 Organisationen werden geformt, verlassen, anders gegründet wenn Entwicklungen es bedingen. Organisation ist Werkzeug und nicht Existenzbedingung.
zu 7 Variables Nutzen der gesellschaftlichen Institutionen. Bilden von Vorstellungen und interaktiven Projekten.
zu 8 Das Bemerken der rechten Dinge am rechten Ort zu rechten Zeit.

Diese Intention bezeichnet und enthebt die Frage nach Form, Raum und Zeit. Form und Zeit wird jetzt dynamisch begriffen und die Zeit zur Realisierung von Vorstellungen wird kürzer. Die Distanz zwischen den Mitgliedern ändert sich zu parallelen Situationen, eine andere Form in der Zeit zu sein und seine Dinge zu tun. Das Mitglied wird partizieller Nutzer in der gleichen Zeit. Er ist gleichzeitig in mehreren Zeiten. Zwischen dem 1. Netzwerk und dem 2. liegt ein Bruch der persönlichen Entscheidung, bedingt durch physisch-existentielle Absicherung, geäußert in der Differenz des Wollen und des Tun.

D A S  P O E T I S C H E  N E T Z W E R K

9. Die mentale Persönlichkeit ist nicht kreativ, sie lebt in der Begegnung mit anderen Personen, in der Zeit mit Lebenden und Toten. Diese Person ist nicht aktiv, arbeitet nicht, sie ist in der Aufmerksamkeit. (Materielles Dasein) 10. Keine Anforderung an eine Institution oder irgendeiner Organisation. Die fließende Energie zwischen den Personen, dieses immaterielle Sein ist die Kontinuität in den Zeiten. (Kein Wohin)
11. Das mentale Sein, das rituelle Leben, ist die Gesellschaft der KUNST des HANDELNS, (Kein Wofür)
12. Das mentale Sein zwischen den Personen, Objekte, Räume und Zeiten transformiert das Zwischen zum Unvergleichlichen. Keine Differenz in Person, Objekt, Raum und Zeit. DAS DAZWISCHEN, die Allegorie. MA - der japanische Begriff für das DAZWISCHEN, ein Zeichen für die mentale Dimension des poetischen Netzwerk.

Die Netzwerke werden realisiert in Richtung des mentalen Netzwerk, worin sie sich dann aufheben, eine Technik des Wissens über Eigenheiten der menschlichen Angelegenheiten, die Zuhandenheit (Heidegger) Personen im mentalen Netzwerk können keine Gruppen bilden, geschweige eine Art von Gesellschaft. Vernetzung ist eine Geisteshaltung, ein Lebensstil der sozialen Fähigkeit verbunden mit subversiven Taktiken, die sich aus ethischen Vorstellungen ergeben, ohne daß sie als anwendbare Regeln einer gesellschaftlichen Ordnung an- und eingeführt werden (Also ohne moralischem Apodiktum).
Im Netzwerk sein ist wichtig, die Realisationen geschehen von allein -social engineering-, der Hacker als der Servicegeber, der Netzwerktechniker.

Das Paradoxon -sein eigenes Werkzeug sein-.
Dass jeder Atemzug den man macht auf zweierlei Weise enden kann .
Heutzutage gibt es immer mehr Menschen, die ihren Namen vergessen .

Informationen:
ASA-European
T. 0049221763428
F. 00492212404422
e-mail: asabank@asa.de
e-mail: berard.josipovic@datacomm.ch
Rene Stettler:
e-mail: stettler@gr-net.ch
T: 004141 3703818

Abbruch für heute.

Boris Nieslony

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