Fotografie schmerzt, Fotografie freut den/die KünstlerIn - den/die FotografIn. 
Es schmerzt, wenn das Foto nicht zeigt, was der/die Akteurin (der/die Fotografin) sehen will - auf dem Foto - was die Aktion/Performance gewesen sein soll. Es schmerzt vielleicht auch das sichtbare Mißlingen (allerdings ist zuweilen strittig was ein Mißlingen ist) einer künstlerischen Arbeit in der Aktion. Es schmerzt ein Mißverständnis betreffend die Wichtigkeit der Auswahl der aufgenommenen Momente der Performance, der beteiligten Person(en) (auch das beteiligte Publikum) oder der Requisiten. 
Es schmerzt den/die KünstlerIn andere Bilder im Kopf von der eigenen Arbeit zu sehen als auf dem Foto. Es freut, wenn der/die AkteurIn sich durch die Fotografie “richtig“ wiedergegeben sieht. Das ist in der Performance selten.  Es ist eben schwieriger eine flüchtige Handlung mitzukriegen als ein statisches Bild festzuhalten. Es ist auch viel schwieriger für die fotografierende Person den richtigen Moment zu verstehen, den es von einer Aktion festzuhalten gilt. Das erfordert viel Einfühlungsvermögen oder genaues Kennen des Künstlers. Deswegen halten viele FotografenInnen so permanent ihre Kamera in die Aktion, um nur ja nichts zu verpassen. Und stören durch ihre Penetranz die eigentliche Arbeit, ja verändern sie ungewollt, weil durch ihre räumliche Nähe zum Handelnden der/die FotografIn ungewollt zur MitakteurIn wird. Die performende Person entwickelt ein flüchtiges Bild, das sie selbst nie in dem sich ereignenden Moment sieht. Deswegen ist die Rezeption einer anderen Person so bedeutend, so beglückend wenn getroffen, so enttäuschend, wenn fehlgeschlagen. Die performende Person sieht sich nicht in der performenden Zeit. Die performende Person “sieht/denkt sich
von innen“; sie fühlt/denkt sich in ihrer Arbeit. Und das was die performende Person fühlt an Handlung, wie sie sich selber im Raum,, sieht und wie sie im Raum ist für die fotografierende Person (und das Publikum) sind zweierlei. Würde man nach einer Performance das Publikum befragen, was sie gesehen hätten, würde man vermutlich x verschiedene Antworten entsprechend der Anzahl der befragten Personen erhalten. Das ist vergleichbar mit Befragungen von Zeugen anläßlich eines Un- oder Überfalls.
Die subjektive Einschätzung, der subjektive Moment, die subjektive Auswahl
Die fotografierende Person ist auch nur ein Mensch.
Der wichtige Eindruck der subjektiven Auswahl einer Performance ist für den/die FotografenIn zuweilen so wichtig, daß die performende Person die Fotos nie sieht, geschweige die Fotos jemals erhält (gegen pekuniäre Zahlungsmittel versteht sich!) oder die Fotos ohne Namensnennung der performenden Person veröffentlicht werden. Ebenso unerfreulich ist es für den/die FotografenIn ohne Namensnennung des Fotografen nur mit Namensnennung der performenden Person eigene Fotos einer Performance veröffentlicht zu sehen. Die Person, die nur den eigenen Anteil sieht - egal ob die performende Person den/die Fotografie “vergißt“ oder die fotografierende Person die performende Person “vergißt“, “vergißt“ die Achtung vor dem Anderen.
Immer gebt es um Wahrnehmung, Akzeptanz und Respekt vor und füreinander.
Es geht um das Leben in der Kunst

Carola Willbrand Juli 2002


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