Performance Art und Photographie.

Lieber Boris, hier ein paar Antwortversuche.
Da die spannenden Fragen bei mir fast in jeder Arbeit eine je nuancierte Antwort herausfordern, habe ich mich entschieden, aus der Arbeit “tagesschau“ heraus zu antworten, da dies eine Arbeit ist, die im Rahmen der Performance-Konferenz stattfand. Wir hatten ja eigentlich noch nie darüber gesprochen, ob diese Arbeit überhaupt noch als Performance bezeichnet werden kann. Sollte sie nach Deinen Definitionen nicht reinpassen, dann - ja dann passen die Antworten dann auch nicht mehr - ist aber nicht soooo schlimm. Viel schlimmer ist natürlich, dass es sich bei der Dokumentation nicht um Photographie, sondern um bewegte Bilder handelt - aber die Bewegung ist zu zentral, tun sie auszuschliessen. 

Ist die dokumentarische Aufnahme ein Dokument des Performancekünstler, der
Performancekünstlerin, oder ist es ein eigenständiges Werk des/der Photographin?
Die Arbeit “tagesschau“ wurde über mehrere Jahre dokumentarisch begleitet. Die Aufnahmen entstanden in gegenseitiger Absprache mit den ersten Partnern des Projektes Rudolf Barmettler und Frank Helfrich). Besonders Barmettler, vom Film herkommend, hatte die Form wesentlich bestimmt. Ich habe in späteren Phasen des Projektes (teilweise mit anderen Partnern) an diesen ersten Entscheidungen festgehalten, da sie sich sehr bewährt hatten. Nur dank dieser frühen Integration der photographisch-filmischen Kompetenz konnte ich später das dokumentarische Material sinnvoll weiterverarbeiten. Aufnahme und Performance treiben einander also gegenseitig weiter.

Ein weiteres Problem ist das Partizipieren des Photographen in der Performance - der Mitspieler, der Störer, parallele Aktivität, etc. Interessant ist das ganze Spektrum dieser Frage und das „Double-bind“ der Performancekünstlerlnnen: Der Photograph als Mitagierender versus das absolute Photo. Der Treffer - egal welche Qualität die gezeigte Aktion, die aufgeführte Performance hatte.
Der Photograph machte einfach seine Arbeit, fokussierte damit natürlich Aufmerksamkeit und strukturierte den zeitlichen Ablauf. Die Kamera war aber immer irgendwo zurückhaltend im Raum fixiert und war nur beim Ein- und Ausschalten prominent im Mittelpunkt.

Wie beeinflussen sich Performance und Photographie, Performerln und Photograph?
Die photographisch-filmische Begleitung hatte bei der “tagesschau“ besonders die Funktion die Einmaligkeit des Zusammentreffens zweier Zeitstrukturen (Brahms-Gesänge versus aktuelle Tagesschau) festzuhalten. Ich konnte dieses Zusammentreffen ja immer erst im Nachhinein über die Dokumentation nachvollziehen. Das im Zusammenspiel von Filmer (Barmettler) und Performer entstandene Material hat aber dann neue Möglichkeiten der Weiterverarbeitung ergeben, die ich als neues “Werkchen“ verstehe, das nun die Kontinuität der performativen Aktion über mehrere Jahre spiegelt.

Wie ist das Photographieren selbst Aktion, Performance?
In der Zusammenarbeit mit Wu Wenguang haften wir das einmal ausgiebig ausgekostet
(Neues Theater, München) - bei der “tagesschau“ dagegen beschränkte sich das
Aktionsmoment auf Eröffnung und Abschluss.

Welche Dominanz der Produkte: Photo? Photographieren? Performance? Zusammenspiel?
Für die Abende der Aktion eindeutig Dominanz: Performance.

Wie wird das Copyright gehandelt?
Schlampig, weil sieh kaum jemand nach meinen Bitten verhält und ich natürlich auch wenig
Möglichkeiten habe Druck zu machen.

Walter Siegfried


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