BLICK, BILD, BLICK, KLICK, BILD, BLICK

Blick, Bild, Herkunft, Auslöser, Blitz, Flash, Störung, wichtige Störung, ohne Störung, nachher, der feste Moment, der neue Blick, durch andere Augen, für andere Augen, auch die eigenen Augen. Gestellte Bilder, Planung einer Performance für gute Fotos, oder der Fotograf verpasst das beste Bild in einer Performance. Zufälle, oder der Fotograf sieht die Bilder im richtigen Moment, oder der Fotograf sieht mehr als der Performer.

ERLEBNISSE
Ich habe in meiner bisherigen Performance-Tätigkeit zwei Fotografen getroffen, die sensibel und professionell Performances fotografieren konnten. Beide haben sich als Dokumentatoren verstanden und nicht als Künstler. Fotos, oder sogar Negative nach der Aufführung zu erhalten, war kein Problem.

Eines der besten Fotos von meiner Performance-Arbeit hat durch Zufall eine junge Frau gemacht, als sie eine Polaroid-Kamera ausprobierte.

Wenn ich mich hässlich auf Performance-Fotos gesehen habe, kann die Arbeit nicht gut gewesen sein. Intensität bei der Arbeit ist wunderschön. Manchmal gibt es auch gute Fotos von schlechten Performances. 

Irgendwann habe ich vier Jahre keine Performance mehr gemacht; als ich wieder anfing, durfte niemand fotografieren.

Ein Fotograf machte sehr gute Fotos von meiner Arbeit, aber in der zweiten Hälfte musste er zu einer anderen Veranstaltung.

Wenn die Veranstalter keinen Fotografen wollten, habe ich kurz vorher jemandem die Kamera in die Hand gedrückt. Mit den Fotos konnte ich nichts anfangen.

Vor zwanzig Jahren, als ich mit Performance-Arbeiten begann, dachte ich, dass die Fotografen es gut haben: ich liefere die Bilder, und sie müssen nur auf den Knopf drücken. Inzwischen weiss ich, dass auch ich Bilder von verschiedenen Menschen in meiner Arbeit transformiere.

DIENER  -  VERTRAUEN
Wenn ich einen Fotografen lange genug kenne, kann ich eher davon ausgehen, dass er meiner Arbeit dient - dass er spontan und intuitiv etwas vom Dasein meiner Arbeit spürt und mit der Kamera festhält. Ich traue jemand etwas zu, ich vertraue jemand, gut hinzuschauen, weil meine Arbeit nicht wiederholbar ist. Wenn das nicht geht - lebe ich selbst mit dieser Arbeit einfach weiter, auch ohne Fotos. Gut ist eigentlich immer wieder der Gedanke an die völlige Unabhängigkeit von Fotografien und Video-Aufzeichnungen.

FARBE ODER SCHWARZ / WEISS
Die Handlung rückt in den Vordergrund auf schwarz/weiss-Fotos. Die Professiona-
lität eines Fotografen wird auch eher durch schwarz/weiss-Fotos sichtbar. Farbfotos haben eher narrativen Charakter. Reduzierte Farbigkeit in einer Performance-Arbeit erreicht fast eine Wirkung wie auf schwarz/weiss-Fotos.

UNTERRICHT
Wenn ich selber in Performance-Workshops fotografiere, bin ich auch oft lästig; die Fotos sind aber Bild-Protokolle der Einzelarbeiten für mich. Auch sind sie für die Teilnehmer wichtig für die Weiterarbeit. Wenn jemand von den Teilnehmern nicht fotografiert werden möchte, sagt man es mir vor der Arbeit. Kommt aber selten vor. Ich stelle nach den Workshops sowohl Fotos (für Laser-Kopien), in seltenen Fällen auch die Negative zur Verfügung. Manchmal bin ich fast berauscht von den Workshop-Ergebnissen, wenn ich die Fotos sehe. Weil die angehaltenen Bewegungen wie auch „die Bilder erzeugenden Handlungen“ prägnanter zu sehen und zu reflektieren sind. Allerdings dann nur als visueller Teil der Arbeit.

KOSTEN
Die Kosten des Fotografen-Honorars plus Foto-Entwicklung waren fast immer höher als mein Performance-Honorar. Für Fotografen scheint es oft einfacher, selbstver-
ständlicher ein Honorar zu erhalten als für Performer; oder auch wenn Performer als künstlerische Leiter arbeiten.

PUBLIKUM
Meine Aufmerksamkeit wird fast immer durch Fotografen gestört, wenn ich Perfor-
mances betrachte. Ich lasse mich gerne total ein. Vor allem auf die Stille einer Arbeit.
Geräusche der Kamera oder der im Bild stehende oder herumlaufende Fotograf (oder mehrere) nerven mich immer häufiger. Wenn einige Zuschauer mitfotografie-
ren, wird es ganz unerträglich. Selbst wenn die Veranstalter dies als Verbot vor einer Arbeit aussprechen, wird es nicht immer respektiert. Bei einer Theater-Aufführung würde sich niemand im Publikum trauen zu fotografieren. Das Dilemma ist: es gibt in der Performance keine Generalprobe bei der im Theater fotografiert wird. Schau-
spieler und Veranstalter haben durch die Fotos der Generalprobe Dokumente ihrer Arbeit.

COPYRIGHT
Am liebsten ist es mir, wenn Fotografen von sich aus vorschlagen, dass sowohl der Performer als auch der Fotograf die gleichen Rechte an den Fotos haben. Ich finde es schäbig, um die Rechte an meinem Anteil der Fotos kämpfen zu müssen. Ohne meine Handlung gäbe es trotz allem kein Foto.

DIE WÜNSCHE DER PERFORMANCEKÜNSTLERINNEN UND WESHALB SIE ES AUCH NICHT DURCHHALTEN, DAS FOTOGRAFIEREN ZU VERBIETEN
Der Blick des Fotografen soll Aspekte der eigenen Arbeit zeigen, auf die der Perfor-
mer selbst nicht gekommen wäre. Die gleichen Sehnsüchte hat der Performer, wenn ein Text über seine Arbeit geschrieben wird.

Luzern, 14. Juli 2002                           

Monika Günther


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