BORIS NIESLONY
DER TAG, DER DIE 3. PERFORMANCE KONFERENZ WAR
29.09.1996
Es war ein schöner Tag und frühe Gäste sonnten
sich an dem offenem Fenster, der Kaffee war noch nicht fertig und "Deutsche
Musik" quoll aus den Booten hervor, die auf dem Wasser schaukelten.
Als Vorleistung hatte ASA-European alle Texte des
1.Readers, die Antworten und Reaktionen, die Vorträge der 2.Konferenz und die
schriftlichen Vorlagen der Vorträge, die an diesem Tage gehalten wurden, in das Internet
eingespeist. (Eingespeist ?)(Eingelagert!)
Es sind die Große Halle und der Theaterraum des
Rhenania-Kunsthauses angemietet worden. In dem Theaterraum wurde in der Mitte der
Konferenztisch gedeckt und gestaltet, der von zwei länglichen Außenräume, durch Tücher
zur Schallregulierung, getrennt war. Die eine Außenleiste hatte kleinere
Tischsituationen, an denen man Videos und Bücher ansehen und an einem anderen Tisch in
das Internet auf One-Line, oder Surven gehen konnte. Eine kleine ASA-Service-Ecke
ergänzte die eine Linie, dort konnten die Videos oder Bücher ausgeliehen werden. Die
andere Seite wurde durch Abel, der gute Abel, mit einem Buffett belegt und Tische für den
Verzehr aufgestellt.
Um 10.00 der Frühe ließ sich doch alles etwas
langsam mit einem gemeinsamen Frühstück an. Ca 11.15 begann die Konferenz mit einer
einführenden Rede von Boris Nieslony, die sich auf den Fragen-Katalog, der der
2.Performance-Konferenz als Grundlage diente, bezog.
Grundtenor dieser Rede war der Gedanke: Um ein
Reden über Performance zu ermöglichen, sollte das Fragen erster Gegenstand des Redens
werden. Es sollten interpretative Antworten vermieden, da dies das Reden verhindert, oder
gar unmöglich macht. Boris Nieslony legte ein Papier dieses Gedankenganges vor. (siehe
Anlage) Daraus entwickelte sich ein Disput, der haarscharf an dieser Grenze entlang lief,
manchmal kippte er in das "Interpretieren" und in das "Meinen" ab,
wurde doch immer wieder zurückgeholt.
Dieser Disput ging bis ca 13.00. Problem war die
unterbrechende Höflichkeit, das Gesagte immer wieder in das Englische zu Übersetzen. Am
Ende faßte Bernd von den Brincken diesen ersten Teil in eine englische Version und
versandte diese an die parallel laufenden Konferenzen in Basel und Nove Zamky.
(Anlage)
Er informierte die Anwesenden über eingegangene
Nachrichten, druckte sie aus und half anderen bei dem Eintritt in das Internet.
Die Mittagspause, die Fenster öffnen und die
gleiche Deutsche Musik in der Warteschleife
Nach der Mittagspause ging es mit dem ersten
Vortrag von Pietro Pellini: Mediale Transformation von Performance in den zweiten,
dem Nachmittagsblock über. (Diskettenversion liegt als Anlage bei). Dem Vortrag, der
über das Verhältnis Performance und Photographie und Video handelte, wurden folgend 81
Dias zur Anschaung gebracht. Die ca. einstündige Diskussion öffnete das Problem. Die
hohe künstlerische Leistung (Transformation), die P. Pellini in seinen Photos und in
seinem Vortrag darstellte, wurde kontrovers diskutiert. Es wurden Anforderungen
formuliert wie: kann das Photo und der Photoapparat sowie die Videocamera, das Video nicht
selbst eine Performance sein, bis dahin: es gibt keinen gemeinsamen Nenner, da eine
Photographie gut oder weniger gut ist, wie es sich bei jeder Performance genauso zeigt,
sie ist gut oder schlecht und dies sind medieninterne Kriterien.
Die Hauptprobleme wurden im Grunde nur gestreift
und nicht diskutiert.
1. Wieweit der Photograph, die Photographin oder
die Person, die die Videocamera betätigt in seiner Eigendynamik, die nun jedes Medium
inhärent besitzt, in die Handlung einer Performance eingreift, oft einschneidend
eingreift.(Flash, Eindringen in den Handlungsraum, Positionen einnehmen die den Handelnden
und das Publikum auf eine gemeinsame Ebene bringt, obwohl die Performance die Distanz
installierte, etc.)
2. Wieweit die Photographie und das Video die
einzigen Träger und vermitteltende Medien einer Handlung sind, die sonst nie als
Performance in Erscheinung treten könnten, desweiteren
3. Das Verhältnis zwischen den Medien
Photographie, Video als das entscheidende Medium der Information und Performance als
Medium. Durch die Geschwindigkeit der aufzunehmenden Information wird eine
Rücksichtslosigkeit, eine unsäglich betrübende Anteilnahmslosigkeit des
Informationsmediums gegenüber der medialen Wirkungsdauer, dem Nachklingen einer
Performance installiert, die sich zum Teil bereits verinnerlicht in dem Publikum zeigt,
wen dieses nach jeder Performance gleich fragt: na wie wars??; wie fandests Dus ?;
etc.
Die obligatorische Rückversicherung einer
fehlenden Teilnahme.
- 4. Die Ambivalenz. Durch ökonomische Zwänge und
Abhängigkeiten werden zwei sich ausschließende Medien mit einer weiteren medialen
Präsenz (Repräsentation) verbunden, die nichts mit der Stringenz der ursächlichen
Medien (Performance und die ausführende Person) zu tuen hat, Naturgemäß gibt es auch
Leistungen im multimedialen Bereich, Verbindung mit Qualität.
- Eine kurze Pause, angenehme und angeregte
Stimmung, der Andrang ist groß, einige Boote sind ausgelaufen.
- Der nächste Vortrag, ein performatifer Vortrag,
von und mit Parzival, war der Gurgelvortrag. Was ist Kunst?
- Er las einen Text, wobei er von Passage zu Passage
ein Schluck Wasser nahm, den Kopf nach hinten legte und und dann gurgelnd las. Danach spie
er das Wasser in ein mitgebrachtes Gefäß, das er nach dem Vortrag verschloß und mischte
und als Objekt der Kunst erklärte, es zum Verkauf anbot.
- Eine weitere kurze Pause.
- Tatsumi Orimoto zeigte Photos seiner verschiedenen
Aktionen, die er weltweit und meist mit Menschen, die er auf der Straße oder in den
Cafe´s traf, durchführte. Seine Themen sind:
- a) Step in, Photos von minimalen und
belanglosen Situationen auf den Straßen in großen Städten der Welt, wo er immer eine,
seiner Fußspitzen, die linke oder rechte, mit hineinsetzte.
- b) Pull on the ear. Er sprach Menschen an
und bat sie, daß sie Metallblättchen, die er mit sich hatte, als Ohrschmuck anlegten. An
den Blättchen waren zwei dünne Schnüre, die von jemandem horizontal gespannt wurden, so
daß man lesen konnte, was auf den Blättchen stand, zum Beispiel - sea, earth, moon, sun,
water, etc.
- Dieser Moment wurde photographiert und er schickte
die Photos an die jeweiligen Personen, als er in Japan zurück war.
- c) Bread-Man ist eine Performance, wo er
sich mit vielen Broten den Kopf und das Gesicht zubinden läßt und steht dann an und in
verschiedenen Situationen, z.B. vor Bildern in einem Museum (Köln), in einem
Vorortzug
- N.R.W., in einem Fleischgeschäft in Moskau, in
der Wohnung einer Familie in Nepal, etc.
- Dies sind nur drei Hauptthemen. Nach diesem, etwas
längerem Stehgreifvortrag gab es noch Dias, Videos und lebhaftes Material für die
Diskussion, die primär der Vertiefung des Gesehenen diente.
- Eine weitere Pause zum Atemholen.
- Der nächste und Schluß-Vortrag des zweiten
Blocks der Konferenz wurde von Peter Wolf gehalten.
- Die Aura einer neuen Generation gab
Einsicht in die Aktivitäten des Forschungsinstuts " Ludom-Club ".
- Der Ludom-Club hat verschiedene Mitglieder, die
jeweils unterschiedlichste Aufgaben zu bewältigen haben. Nun werden diese Aufgaben aber
jeweils von einer Person ausgeführt, was nicht ganz ohne Probleme vonstatten geht. Diese
Einführung in die Aktivitäten wurde mit einem Video begleitet und intendiert war, daß
der Vortragende wiederum eine andere Person des Instituts sei. Dieses Springen zwischen
den Identitäten entbehrt nicht einer gewissen Komik des Mißverstehens und
Unverständnisses. Peter Wolf ist nun mal Peter Wolf, wenn er als Vortragender dem
Zuhörer zu bekannt ist und dem Publikum der Sprung in eine andere oder mehreren anderen
Welten auch nicht gelingen mag.
- Das folgende Gespräch wurde dementsprechend, sehr
vehement und persönlich geführt. Mit Fragen: "meinst du das wirklich ernst"
wurde das Palaver dann doch mehr der sprudelnde Quell anzüglicher Kontrahenten und ab
diesem gewissen Punkt wurde diese Gesprächsrunde in das Private geleitet und dies durch
das rechtzeitige Einleuten der großen Pause. (Vortrag in der beiliegenden Diskette)
- Als Schlußgedanke äußerte Boris Nieslony die
Idee, daß die Logik verschiedener Identitäten, ihr Wechsel, das "darin
springen" und wie diese Identitäten dann "wirklich" existieren, über das
große Thema des Gender oder Gendertainment hinaus, eine eigene
Performance-Konferenz wert ist.
- Umbauten wurden vorgenommen, Essen und Trinken,
der Theatersaal wurde für das Tischkonzert vorbereitet und in der Großen Halle hat das
INFuG seine Performance vorbereitet.
- Das Institut für Untersuchungen von
Grenzzuständen Ästhetischer Systeme trat mit drei Personen an und auf,
- Hubert Sowa, Fridolin Kleuderlein und Bernhard
Kümmelmann. Ihr Vortrag Ohne Titel zelebrierte das Ereignis der Ereignislosigkeit.
" Die Stimmen nicht zu sehr erheben", keine Expressivität, ein hohes,
gleichmäßig spannungsloses Dahingehen der Zeit, das gefällige Publikum nicht über
Gebühr zu fordern, die anfällige Höflichkeit entwickelte das Konzentrat des Ereignisses
und die aus der Aufmerksamkeit resultierende Frage:
- Was war denn das, jetzt, gerade? Das Staunen
pur.
- Nach einer kleinen Pause ging es zurück in den
Theatersaal und dort wurden die zwei Durchgänge des Tischkonzerts von und mit Rolf
Langebartels aufgeführt, uraufgeführt. (Grundpapier liegt als Anlage bei)
- Jeder Durchgang wurde mit 9 Personen gespielt. Ein
Programm in einem P.C. an der Stirnseite des Tisches regelte durch einen Zufallsgenerator
die Reihenfolge der Spieler. Es konnte von der Stille her bis zu der Gleichzeitigkeit
aller 9 Spieler jede Konstellation möglich sein. Jeder Spieler machte was er wollte, aber
nur dann, wenn seine Platznummer auf dem Bildschirm erschienen und auch nur so lange sie
dort waren.
- Es waren zwei so unterschiedliche, ja extrem
verschiedene Durchgänge, und wie es bei jedem Spiel nun ist, zeigten sich die Intentionen
jedes Spielers überdeutlich. Die Lust zusammen zu spielen und/oder den Monolog des
Exklusiven zu führen, dies war als Spektrum des Interesses schon spannend
anzuschauen.
- Pause, Umbauen und wieder in die Große Halle, wo
André Stitt seine Performance AKSHUN - MAN zeigte.
- Die Badewanne, verschieden Pflanzenöle, Ketchups,
Mayonnaise, Federn, Pech und Talkum und dies alles Materialien für die Reise in das
Innere. Die Videoprojektion als Memory-Medium mit dem ersten Band, aufgenommen in
Auschwitz-Birkenau und am Ende der Performance das Band mit der grünen Landschaft als
Versprechen einer anderen Welt, durch das dann der Schnitt und der Weg, das Durchgehen,
gelegt wurde. Wie streng muß man mit sich sein, um den Zorn und die Dinge aus sich heraus
zu holen und in welche Gebiete dringt man vor, wenn das Ritual immer stärker forciert und
tiefere Gefühls-Schichten freilegt und diese zur Anschauung bringt. Die Einsicht in die
stingente Idee der AKSHUN-Performance, die ca eine Stunde dauerte.
- Nach dieser Performance und die etwas längere
Dauer der Gewöhnung mit der Rückkehr aus der Welt des AKSHUN und nach der
obligatorischen Pause ging es wieder in den Theatersaal, wo B.B.B.Johannes Deimling mit 5
präzisen Skizzen fünf präzise Bilder als Schlußpunkte setzte. Der verfehlte
Eisprung benötigte nicht mehr als eine Leiter, ein 12er Pack mit Hühnereiern und der
Sprung und der Tritt daneben, eine, der 5 ironischen Setzungen.
- Geselliges ab- und wegtrinken, die Abschiede, es
ist schon fast Mitternacht, folgendes Waschen und Schruppen der Halle, der Mond steht gut,
das Wasser auch.
- Das Wetter: ein Hoch über Köln mit
Spitzentemperaturen. Allgemeine Vorhersage: Dieses Hoch ist stettig.
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- Köln, den 06.11.1996
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