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Ist es nicht so, daß Performance versucht, lebendige Bilder hervorzurufen?
Ich denke, ich muß Dinge aussagen, ohne mich selbst, ohne die Agens der Person einzubringen, oder die Person einzubringen in der Art und Weise, daß die Ästhetik der Person die Geschichte beherrscht. Aber, die Person gibt die Farbe.
Was ist Farbe für dich?
Farbe ist die Wahl, die Entscheidung für die persönliche Farbe ist die Verallgemeinerung einer persönlichen Lage. Wenn ich mich mit der Farbe konfrontiere, muß ich meine Person verallgemeinern. Aber, wenn ich den Weg zum Allgemeinen besser begreifen kann durch ein Plazieren der Erfahrungen. In eine bekannte, aber nicht immer erlebte Situation, z. B. meine ich das Herauslocken von Zufällen.
Ist die Performance eine Arbeit mit den Zufällen?
Ja
Hat Performance etwas Zufälliges an sich?
Nein.
Was unterscheidet die Performance von gemalten Bildern?
Daß man eine Performance töten kann und ein Gemälde nicht.
Ein gemaltes Bild basiert auf einem Entwurf, dem es mehr oder weniger entspricht...
Es kommt darauf an, welche Richtung der Malerei gemeint ist.
Hat die Performance einen Automatismus an sich, etwa in dem Sinne wie Bretons <ecriture automatique>?
Nein! Doch zuweilen ja.
Ist deine" Performance in diesem Sinne der <automatique> zu verstehen?
Nein. Nur körperlich.
Heißt das, daß dein Körper automatisch agiert?
Die Natur der Bewegung gibt gewisse Naturalismen vor. Wenn der Körper mit sich einverstanden ist, dann ist das Gehabe des Körpers auch natürlich und ästhetisch.
Ästhetik hat auch den Sinn des Gleichklangs, der Harmonie. Willst du mit dem Ästhetischen, eine Harmonie hervorrufen?
Es braucht nicht notwendig harmonisch zu sein. Aber ich agiere auch für die Schönheit, für die Poesie. Schönheit und Poesie, die ich meine, richten sich nach anderen Kategorien, als die zeitgemäßen Verständnisse von schöner Körperlichkeit, diesem Bodyfeeling. In meiner Ästhetik hat das Handikap, die Behinderung ihre Berechtigung, ihr surplus". Wie ein Zenbuddhist ohne Wörter lebt, aber sie fühlt, bin ich wie ein Blinder, der die Ästhetik begrabbelt.
Wenn ein Zenbuddhist versucht, mit einer Hand zu klatschen, um die Natur des Klatschens, in diesem Beispiel, zu begreifen, willst du dich in deiner Performance der Natur der Bewegung anzunähern?
Nein, ich bin kein Bodyperformer. Ich weiß wohl mehr über geistige Bewegungen als über körperliche Bewegungen auszusagen. Ich benötige nicht unbedingt eine physische Bewegung, um eine geistige Bewegung zu machen.
Aber eine Performance lebt doch von der körperlichen Bewegung. Die ist ein genügender Grund, um etwas zu tun, was mehr ist als der Grund selbst. Dieses Mehr ist etwas Geistiges?
Ich bin in einen Fluß gesprungen. Wie eine Ente, nicht wie ein Mensch. Meinst du den Fluß, der sich permanent verändert?
Jeder Fluß verändert sich. Die Strömung verändert sich. Also die Bewegung? Die Teilung verändert sich. Und nicht die Natur der Bewegung? Die Natur ist nur eine Reihenfolge von Gedanken. So wie die Natur sich ändert, ändert meine Stimmung die Natur. Ist es dann eher die Stimmung der Ente, als die des Menschen?
Nein, es ist die wechselseitige Beziehung, die das Superbe ausmacht. Es ist die Magie des Eingreifens in das Geschehen, in die Strömung, in den Fluß. Wenn es gelingt, das Bild, den Film, das Movie, also den Fluß einmal zu stoppen, dann gelangt man an den Punkt, an dem einer selbst sein Blut und Brot macht. Da stehe ich mit meinem Pferd und mit meinen alten Büchern.
Du willst den Fluß anhalten? Den Fluß aufstauen? Willst du das Leben anhalten? Das ist eine unsinnige Frage. Das Leben ist nicht anzuhalten. Über das Leben gebe ich auch keine Auskunft.
Gibst du überhaupt Auskunft? Ich habe eine Aussage in der Geschichte. Nicht von mir selbst. Nicht von meiner Geschichte. Von der Geschichte von dem Fluß und der Ente? Der Fluß ist Wasser. Wasser ist nur ein Element. Und die Ente ist ein Tier. Die Ente ist ein Teil von mir selbst. Die Kraft, die ich in meine Bilder lege, ist die Kraft der Grenzgänger, der Stalker. Ich lebe in der einen Welt und in der anderen Welt. Ich bin schwarz, weil ich schwarz sein will, und ich bin weiß, weil ich als Weißer geboren bin. Ich betreibe Philosophie wie ein Detektiv, wie ein Kommissar von der David-Wache in St.Pauli. Meine Sache ist adult only. Und ich mache meine Performances wie der St.Pauli-Kommissar. Ich habe in den Abgründen gelebt, und wenn ich agiere, agiere ich aus den Abgründen heraus. Ich habe nichts versucht. Es geschieht, wie ich es initiert habe, aber doch geschieht es, wie es selbst geschehen will. Performance ist kein Theater, es ist keine Inszenierung. Das Grundmuster gebe ich zwar vor, und ich weiß, welches Bild ich agieren will. Insofern bin ich wie der Autor. Doch ich kann nicht der Regisseur sein, ohne im selben Moment auch der Akteur zu sein. Aber das Bild, das weiß ich von vornherein, wird sein eigenen Leben führen. Und mittendrin habe ich dem Bild zu gehorchen. Und das ist die Ente. Sie springt auf das fließende Wasser. Sie selbst ist ein Gestalt. Sie weiß, was sie tut, weil es in ihrer Notwendigkeit liegt, es zu tun. Das Wasser wird sie fortspülen können. Doch wird sie immer dagegen ankämpfen. Und solange sie lebt, wird sie gewinnen. Sie wird ihren eigenen Platz behaupten, ihre eigene Aktion. Die Ente war niemals ein Gott, wie der Performer kein Gott ist.
Vielleicht ein Halbgott, ein Prometheus?
In dem Sinne, daß der mit dem Feuer spielt und kein Element unberücksichtigt läßt, ja. Aber dann könnten wir behaupten, daß jeder Künstler ein Halbgott wäre. es reicht doch, daß er ganz Mensch ist. Er lebt in allen Elementen und kann sich über die meisten bewußt werden, anders als die Ente.

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